Britt-Marie war hier Norwegen, Schweden 2019 – 98min.

Filmkritik

Nichts wie auf und davon und was Neues anfangen

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Tuva Novotny lässt in ihrer leise lakonischen Tragikomödie eine Frau über 60 den Neustart wagen. Dies in der gelungenen Verfilmung eines Bestsellers von Frederik Backman («Ein Mann Namens Ove») und mit einer umwerfenden Pernilla August in der Titelrolle.

Britt-Marie nimmt im Leben grundsätzlich „eins nach dem anderen“ und langes Fackeln liegt ihr nicht: Als sie am Krankenhausbett ihres Mannes eines Tages eine um einiges jüngere Nebenbuhlerin trifft, packt sie zu Hause ihre Sachen zusammen und zieht aus. Dies nach über vierzig Jahren, in denen sie ausschliesslich Gattin und Hausfrau war. „No chance“, „No jobs“ bescheidet man ihr bei der Arbeitsvermittlung. Es sei denn, Britt-Marie möchte im schwedischen Hinterland – in einem Kaff namens Borg – die unverhofft freigewordene Stelle des Gemeinde- und Jugendarbeiters übernehmen; aktuell ginge es vor allem darum, die Jugendmannschaft für die anstehenden Fussball-Cup-Meisterschaften vorzubereiten.

Obwohl sie von Fussball keinen Schimmer hat und Kinder und Jugendliche – weil sie laut sind und Dreck machen – nicht mag, sagt Britt-Marie zu und landet mit nichts als einem Koffer in der Hand eines Abends an ihrem neuen Wirkungsort. Misstrauisch beobachtet von den Kids und den wenigen Erwachsenen, die ihre Ankunft bemerken, räumt sie im heruntergekommenen Gemeindezentrum vorerst gründlich auf. Ungeachtet der oft schwierigen Verhältnisse, aus denen diese stammen, beginnt sie den Jugendlichen, die nichts als das Turnier im Kopf haben, anschlissend resolut Mores und Manieren beizubringen. Und als man ihr schliesslich ein altes Trainerhandbuch zusteckt, beginnt sie den quirligen Haufen nach den exakt gleichen Methoden zu trainieren, wie sie alles tut: resolut, hartnäckig und ganz ordentlich, eins nach dem anderen.

Britt-Marie war hier ist die Verfilmung eines Bestsellers von Frederik Backman, aus dessen Feder auch die Vorlage zu Ein Mann namens Ove stammt; tatsächlich sind Owen und Britt-Marie als vom Leben gezeichnete, kauzige Eigenbrötler durchaus seelenverwandte Figuren, und auch die liebevoll-verschmitzte Darstellung von deren gesellschaftlichen Eingliederung trägt unverkennbar Backmans Handschrift.

Inszeniert wurde Britt-Marie war hier von der vor allem als Schauspielerin bekannten Tuva Novotny (Borg/McEnroe), die hiermit ihre nach Blind Spot zweite Regiearbeit vorstellt: eine leise lakonische Komödie, die mit unbeschönigt-herber Realitätsnähe ebenso punktet, wie durch das starke Spiel ihrer Hauptdarstellerin Pernilla August (Fanny och Alexander).

13.06.2019

4

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Kommentare

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nick74

vor 5 Jahren

Fand ich sehr gut, speziell die Dialoge haben Substanz und regen zum Nachdenken an. Volle Punkte von mir.


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