Une vie ailleurs Frankreich, Uruguay 2017 – 96min.

Filmkritik

Wer ist die wahre Mutter?

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Eine Mutter sucht ihren Sohn, der von seinem Vater nach der Scheidung entführte wurde. Nach jahrelanger Suche hat sie Erfolg und schickt einen befreundeten Sozialarbeiter nach Uruguay, um ihr Kind zurückzuholen. Eine heikle Mission – denn die Frage ist: Wer ist die richtige Mutter, was ist für Felipe gut? Das zwischenmenschliche Drama vom Franzosen Olivier Peyon beschreibt sensibel und authentisch das Dilemma zweier Frauen, die um eine Mutterschaft kämpfen.



Eine wahre Begebenheit und eine biblische Geschichte standen quasi Pate für das Drama um den neunjährigen Knaben Felipe (Dylan Cortes), um den sich zwei Mütter streiten. König Salomon hat in der heiklen Frage «Wer ist die richtige Mutter – die leibliche oder die besitzergreifende?» scheinbar brutal, aber weise entschieden. Er drohte, das Kind zu opfern und zweizuteilen, um die wahre Mutter zu enthüllen…

Im Drama Une vie ailleurs – Ein Leben anderswo verlagern sich natürlich die Gewichte, es geht aber um dieselben existentiellen Fragen: Der Vater Pablo hatte einst den fünfjährigen Sohn Felipe nach der Scheidung entführt. Die Mutter Sylvie (Isabelle Carré) sucht während vier Jahren nach ihrem verlorenen Sohn, bis sie erste Spuren in Montevideo entdeckt. Sie schickt also den befreundeten Sozialarbeiter Mehdi (Ramzy Bedia) auf die Reise, um Felipe zu ihr zurückzuholen. Der wird in der südamerikanischen Kleinstadt Florida fündig: Er freundet sich mit Felipes Erzieherinnen an, der Grossmutter Norma (Virginia Mendes) und Tante Maria (Maria Dupláa). Besonders Maria, Pablos Schwester, kümmert sich liebevoll und mütterlich um den Knaben - im Glauben, Felipes Mutter sei tot. Mehdi zögert, sich zu outen und seine Mission offenzulegen. Sylvie wird ungeduldig, reist überraschend zur Kommunion an und will Klarheit. Wer hat den grösseren Anspruch auf Felipe, was fühlt das «Streitobjekt» selber, wer ist die stärkere oder weisere Mutter?

Die fordernde Sylvie wollte ihren Sohn aus fremden Land schleusen und zurückfordern, was ihr «gehörte» - Mittler Mehdi jedoch muss erkennen, dass sich die Rollen nicht einfach tauschen lassen, dass Mutterliebe mehr als Gene und Gebären bedeutet.

Regisseur Olivier Peyon hat zusammen mit Cécilia Rouaud das Drehbuch geschrieben - Drehplätze fand er in der Kleinstadt Florida (Uruguay) und mit Maria Upláa und Dylan Cortez, mittlerweile zwölfjährig, ideale Darsteller. Peyons warmherziges Beziehungsdrama besticht durch genaue Beobachtung, Einfühlungsvermögen und letztlich «biblische» Weisheit. Ein ruhiger Film, der bewegt, ohne laut und aufdringlich zu werden.

19.05.2017

4

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