Drive USA 2011 – 100min.

Filmkritik

Stille Schreckensfahrt

Andres Hutter
Filmkritik: Andres Hutter

In Cannes wurde der Däne Nicolas Winding Refn mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Zu Recht, denn sein düsterer Thriller um einen namenlosen Stuntfahrer ist von einer unglaublichen atmosphärischen Dichte und geradezu perfekt inszeniert.

Dafür, dass der Film Drive heisst, wird darin eigentlich relativ wenig Auto gefahren. Überhaupt geht phasenweise sehr wenig. Die von Ryan Gosling gespielte Hauptfigur ist sogar derart unscheinbar, dass sie nicht einmal einen Namen hat. Der "Driver" spricht kaum, wirkt in all seinem Handeln seltsam distanziert, gar teilnahmslos. Er hat jedoch ein aussergwöhnliches Talent im Umgang mit Autos: Tagsüber arbeitet er deshalb als Stuntfahrer und Mechaniker, nachts dient er als Auftragsfahrer für Verbrecher. Er bewegt sich in einer Welt voller Gangster und Mörder, einziger Lichtblick ist die Nachbarin Irene mit ihrem Sohn. Deren Mann sitzt im Gefängnis und als er plötzlich zurückkehrt, bricht eine Verkettung schrecklicher Ereignisse los.

Genau wie seine Hauptfigur ist Drive geprägt von einer trügerischen Ruhe: Der Film schlägt ein gemächliches Tempo an, es wird kaum gesprochen. Doch hinter dieser apathischen Stille lauert das Grauen. Diese bedrohliche Stimmung, die über allem schwebt, macht Drive äusserst spannend: Der angedeutete Schrecken, der jederzeit hervorzubrechen droht, entwickelt ab der ersten Sekunde des Filmes eine Sogwirkung. Dies gelingt vor allem, weil der Film in jeder Hinsicht extrem stimmig gestaltet ist: Kamera, Licht und Musik schaffen eine intensive, düstere Atmosphäre, wie man sie etwa aus den Filmen von David Lynch kennt.

Überhaupt erinnert bei Drive vieles an Lynch, nicht zuletzt die exzessive Gewalt, die sich in einigen brutalen Sequenzen entlädt. Nicolas Winding Refn zeichnet eine schreckliche Welt, in der das Glück eigentlich greifbar nahe wäre, wo aber hinter jeder Ecke das Böse lauert. Doch trotz dieser Parallelen zu Lynch ist Drive ein eigenständiger Film, der seine bedrohliche Langsamkeit auch immer wieder mal für grandiose Verfolgungsjagden unterbricht.

Auch bei der Besetzung hatt Refn ein gutes Händchen: Gosling spielt die undurchschaubare Hauptfigur mit einer traumwandlerischen Ruhe, die Nebenrollen sind mit Darstellern wie Albert Brooks, Ron Perlman oder Bryan Cranston ebenfalls ausgezeichnet besetzt. Auch dank ihnen ist Drive ein eigenwilliger, verstörender und intensiver Thriller geworden, bei dem jedes Detail stimmt.

08.03.2024

5

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Kommentare

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alex icon

vor 10 Jahren

Genau mein Geschmack. Der Film bleibt dem Buch treu und wirkt ab und zu beinahe stumm. Die Bilder und der Soundtrack passen perfekt. Für mich ab und zu etwas zu brutal, aber das ist wohl einfach Winding Refn (und so krass wie bei Only God Forgives ist es längst nicht;)


oscon

vor 10 Jahren

Athmosphärischer, verstörender Thriller im Arthouse Stil mit einem bis in die Nebenrollen bestbesetzten Cast.
Stuntman bietet seine Dienste dem lokalen Verbrechen als Fluchtfahrer an: Doch dann geht ein Überfall schief.
Unglaublich cool wirkt Ryan Gosling als Fahrer, zerbrechlich Carry Mulligan als Nachbarin.Mehr anzeigen


ts.14

vor 10 Jahren

Genial!


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