Apocalypse Now Redux USA 1979 – 202min.

Filmkritik

Apocalypse Now Redux

Bruno Amstutz
Filmkritik: Bruno Amstutz

Mehr als zwanzig Jahre nach seiner Erstaufführung kommt Francis Ford Coppolas Meisterwerk "Apocalypse Now" zurück in die Kinos. 53 zusätzliche Filmminuten bereichern das Vietnam-Epos um weitere Nuancen und führen Figuren ein, die in der ursprünglichen Version nie zu sehen waren.

Francis Ford Coppola ist das seltene Kunststück gelungen, einen Film zweimal am selben Filmfestival vorzustellen - im Abstand von 22 Jahren und beide Male mit Erfolg. Im Mai 2001 feierte in Cannes die verlängerte Version seines Klassikers unter dem Titel "Apocalypse Now Redux" ihre Erstaufführung. 1979 hatte Coppola an der Côte d'Azur neben Beifall und Bewunderung auch die Goldene Palme für die Originalversion geerntet. Fast zweieinhalb Stunden dauerte diese, doch trotz der Palme und dem Gewinn zweier Oskars 1980 empfand sie Coppola als unvollständig. Zusammen mit seinem ehemaligen Cutter Walter Murch hat der Regisseur die Schere nochmals angesetzt und aus der Urversion, die nach dem ersten Schnitt noch fünfeinhalb Stunden dauerte, weitere 53 Minuten übernommen.

Die wichtigsten Neuerungen bieten zwei Sequenzen, die im Original gänzlich fehlen. Captain Willard (Martin Sheen) und die Crew eines Patrouillenbootes, die in Vietnam auf der Suche nach dem abtrünnigen Colonel Kurtz (Marlon Brando) immer tiefer in den Urwald vordringen, machen Halt an weiteren Stationen und treffen auf neue Charaktere. Das Schwergewicht verlagert sich dabei weiter weg vom eigentlichen Kriegsgeschehen des Einstiegs, wo in einer mittlerweile legendären Szene der vierschrötige Offizier Kilgore (Robert Duvall) einen Helikopterangriff zu den Klängen von Wagners 'Walkürenritt' orchestriert, während seine Soldaten unter Granatenbeschuss in der Brandung surfen. Wichtiger als diese menschlichen Absurditäten inmitten blutiger Kämpfe wird die Reise auf dem Fluss, die immer tiefer ins Herz des Dschungels führt und den Soldaten immer deutlicher den Weg zu den dunklen Abgründen ihrer eigenen Herzen zeigt.

Im Niemandsland zwischen Vietnam und Kambodscha trifft Willard neuerdings auf eine französische Kolonie, die ihre Plantage mit einer kleinen Privatarmee vor Übergriffen zu schützen versucht. Die Franzosen versuchen bei Rotwein und kultivierten Diners verzweifelt, eine Enklave der Zivilistation aufrecht zu erhalten, mitten in einer Welt, die in die Barbarei zurückgefallen ist. Im Gespräch wird die Rolle Frankreichs zu Beginn des Vietnamkrieges hinterfragt und die Sinn- und Hoffnungslosigkeit des amerikanischen Engagements offen ausgesprochen. Diese Offenheit traute sich wohl Coppola nur sechs Jahre nach dem Abzug der letzten US-Truppen aus Vietnam noch nicht in die Kinosäle zu tragen.

"Apocalypse Now Redux" bietet nach wie vor schwer verdauliche Kost. Die Verlängerung scheut sich nicht, den filmischen Alptraum zusätzlich mit Drogenkonsum und bezahltem Sex zu verschärfen, findet dafür aber auch Platz für Frauenrollen, in erster Linie in der Figur der Französin Roxanne (Aurore Clément).

Bei einer Länge von 3 Stunden und 22 Minuten empfiehlt sich ein Klobesuch vor der Vorstellung, doch bei einem Film, der selbst wie eine Droge wirkt, ist die monumentale Dauer keineswegs übertrieben. Die Bilder haben nach mehr als zwanzig Jahren nichts von ihrer klaustrophobischen Wirkung verloren und bestätigen noch einmal den Platz dieses Meisterwerks im Olymp der Kriegsfilme.

19.02.2021

5

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Kommentare

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fcamichel

vor 12 Jahren

Erzählt die psychologischen Aspekte des Vietnam-Misserfolgs und die Sinnlosigkeit dieses Krieges am Besten. Absolut sehenswert für alle.


Samuel19

vor 13 Jahren

Schlicht fantastisch. Sechs von fünf Punkten.


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